Erwerbslose lassen die Puppen
tanzen...
Puppenbau und -theaterspiel in der
Erwerbslosenarbeit
Ein
halbes Jahr nach Hartz IV werden die Folgen für die
Erwerbslosen deutlich. Erste Erfahrungen mit
Widerspruchsbescheiden und Klagen liegen vor, den ersehnten
Job hat Hartz IV für die meisten nicht gebracht - für viele
dagegen: weniger Geld, erhöhter Druck, Umzug aus der "nicht
angemessenen" Wohnung, Schulden u.a. In einem viertägigen
Kulturseminar wurden erste Erfahrungen nach Hartz IV
zusammentragen und ausgewertet und nach individuellen und
politischen Lösungen gesucht. Diese Ausgangssituation bildete
die Basis für die Entwicklung zweier Puppentheaterstücke auf
dem Kulturseminar hessischer Erwerbsloseninitiativen 2005, das
vom 25.-28.7. im Familienlandheim Butzbach-Bodenrod stattfand.
In verschiedenen Arbeitsgruppen wurde kreativ gearbeitet: es
wurden Texte entwickelt, spielbare Handpuppen gebaut, eine
Puppenbühne hergestellt. Orientierung gaben dabeie einerseits
die Lebenssituation nach Hartz IV, andererseits aber auch die
Figuren des "Klassischen Puppentheaters". Mit König, Kasper,
Seppel, Großmutter, Teufel, Zauberer... wurden klassische
Figuren in die heutige Zeit versetzt und bekamen damit eine
neue Rolle.
Die Methode
"Puppentheater" stellt dabei noch einmal ganz andere
Anforderungen an Text und Spieler/innen als herkömmliches
Theater. Zunächst der Text: aufgrund der Enge der Bühne ist
die Anzahl der Figuren, die zusammen auftreten können
begrenzt. Wer aus welcher Richtung wie auftritt muss vorher
festgelegt werden. Damit sind der Handlung in vieler Hinsicht
Grenzen gesetzt. Ein Spieler kann zwar mit jeder Hand eine
Figur spielen, muss dann aber seine Stimme verstellen können,
damit Eindeutigkeit hergestellt ist. Und die feinmotirischen
Fähigkeiten sind auch nicht zu unterschätzen: mit den Puppen
greifen, schlagen, umarmen... das alles ist nicht so einfach
und will geübt sein.
Dennoch
hat das Spielen den meisten Teilnehmer/innen großen Spaß
gemacht. Das Spielen einer Puppen-Figur ermöglicht eine ganz
andere Rollen-Übernahme als beim herkömmlichen Theaterspiel.
Mit Kasper, Seppel und Gretel können bekannte Rollen und
eigene Probleme ausgedrückt und gezeigt werden, ohne dass man
direkt "sich selbst" spielt. Oder es kann mit dem König oder
Teufel eine neue, fremde Figur ausprobiert werden - die
Teilnehmer/innen erleben sich in einer unbekannten Rolle und
können damit Erfahrungen machen. Die Puppenbühne bietet dabei
auch einen gewissen Schutzraum, da die Darsteller/innen sich
nicht zeigen müssen. Und gleichzeitig machen sie die
Erfahrung, dass es gar nicht so einfach ist, Gestik und
Körpersprache auf die Puppe zu übertragen. Das Spiel mit der
Puppe regt somit auch zur Auseinandersetzung mit der eigenen
Körperhaltung und körperlichen Ausdrucksweise an.
Am
Ende wurden die beiden entwickelten Stücke "Das Weinfest" und
"Die Schiffsschaukelbremser" vor einem ausgewählten Publikum
aufgeführt. Auch wenn nach zweieinhalb Tagen Zeit für
Entwicklung und Proben längst nicht alles perfekt ist, so
entstanden doch zwei lebendige, sehenswerte Stücke, die zur
Auseinandersetzung mit den Folgen von Hartz IV anregen. Die Stücke wurden digital gefilmt und können als
Film auf DVD oder Video hier
bestellt werden (4,50 € zzgl. Versandkosten).
Die
Veranstaltung wurde angeleitet von Holger
Wilmesmeier und mir und in Zusammenarbeit mit dem Zentrum
Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche
in Hessen und Nassau und dem Amt
für kirchliche Dienste der evangelischen Kirche in
Kurhessen-Waldeck durchgeführt.
Weitere
Informationen zum Thema Erwerbslosigkeit
Auf
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Arbeitslosigkeit
(Themeninfo)
Projekt: Mit Kreativität und
Eigeninitiative zum Wiedereinstieg in das Berufsleben -
Leitfaden für Kulturprojekte
Projekt: Skulpturen für Gießen
Projekt: Arbeitslosigkeit als Spiel
Projekt: Theater und Maskenbau mit
Erwerbslosen zum Thema Vorurteile
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