Maskenbau und szenisches Spiel
"Alles
Faulenzer?" - Aufarbeitung des Themas "Vorurteile" mit
Maskenbau, Theater und Improvisation
Ziel des Kulturseminars
hessischer Erwerbsloseninitiativen im Jahr 2001 war, das Thema
"Vorurteile" nicht nur theoretisch, sondern auch von der
praktischen Seite und insbesondere mit kreativen Methoden
anzugehen. Dabei wählten wir die Methode des experimentellen
Theaters und szenischen Spiels, weil sie vielfältige
Möglichkeiten bietet. Zunächst können aufbauend auf
bestehenden oder vermuteten Vorurteilen Rollen, Figuren und
Szenen entwickelt werden. Vorurteile können auf diese Weise
nicht nur erkannt und gegebenenfalls wiederlegt, sondern
erlebbar gemacht werden. Durch die Gestaltung und Inszenierung
einer Figur - als Maske oder Rolle - kann sich mit den hinter
Vorurteilen stehenden Personen und ihren Motiven
auseinandergesetzt werden. Auch die "andere" Seite kann im
Spiel eingenommen werden - der reiche Unternehmer, die
Politikerin mit ihren leeren Versprechungen, der
Sachbearbeiter auf dem Amt, der lieber Kaffeepause macht.
Durch die spielerische Identifikation können die Gefühle und
Motive des "Gegenüber" deutlich werden, aber auch eigene
Gefühle ausgedrückt und Strategien im Umgang mit der
entsprechenden Situation entwickelt werden.
Masken,
Text und Bühnenbild - kreative Vorarbeit in Kleingruppen
Bevor konkret gespielt wurde, leisteten die
Teilnehmer/innen in drei Arbeitsgruppen die "Vorarbeit". Die
Gruppen "Text", "Maskenbau" und "Bühnenbild" beschäftigten
sich dabei einerseits inhaltlich mit dem Thema Vorurteilen,
andererseits wurden kreativ und ergebnisorientiert Requisiten
erstellt. Sei es beim Maskenbau, wo Vorurteile in Form von
"Typen" kreiert und als Maske gestaltet wurden, beim Text, wo
Vorurteile beschrieben, nach Entkräftigungen gesucht und
Entwürfe für Szenen entwickelt wurden, oder auch beim
Bühnenbild, wo auf Grundlage der gesammelten Vorurteile Farben
und Formen für die drei verschiedenen Tonalitäten im Theater
(ernst, lustig, absurd) gesucht und auf Tapetenbahnen
gestalterisch umgesetzt wurden. Gemeinsam und spielerisch
wurde an das Thema "Theater" herangeführt. Ein Rollenspiel aus
dem Alltag der Antragstellung im Sozial- oder Arbeitsamt bot
den Einstieg ins szenische Spiel. Hiermit wurde eine typische
vorurteilsbesetzte Situation aufgegriffen und mit
unterschiedlichen Rollen durchgespielt und bearbeitet.
Anschließend wurden Empfindungen ausgetauscht und Strategien
diskutiert. So diente das Rollenspiel der Annäherung an eine
Alltagssituation mit spielerischen Mitteln und eröffnete
Möglichkeiten der Bearbeitung von Konflikten und Problemen im
anschließenden Gespräch.
Experimente
mit neuen Rollen eröffnen Wahlmöglichkeiten für den Alltag
Ausgehend von vier verschiedenen Entwürfen möglicher
Szenen wurden vier neue Arbeitsgruppen gebildet, die auf
dieser Grundlage die Szenen weiter ausarbeiteten und den
Einsatz von Masken, Bühnenbild und weiterer Requisiten
bestimmten. Gemeinsam wurden aus diesem Material Sketche
erarbeitet, in der Kleingruppe geprobt und in später im Plenum
aufgeführt. Die Methode des szenischen Spiels und auch das
Aufsetzen von Masken eröffnen dabei den Teilnehmer/innen die
Möglichkeit, eine bekannte Rolle auszugestalten oder in eine
neue Rolle zu schlüpfen: die alleinerziehende Erwerbslose, die
alle Hände voll zu tun hat, kann einmal das Klischee der
schmarotzenden Arbeitslosen spielen, die sich in Mallorca auf
die faule Haut legt und bedienen lässt; der ehemalige
Metallarbeiter kann den Unternehmer spielen, der einen
Arbeitsplatz versteigert; die eher ängstliche Antragstellerin
auf dem Sozialamt schlüpft in die Rolle des Punkers, der dort
mal so richtig "auf den Tisch haut". Insbesondere hinter dem
Schutz einer Maske kann das erprobt werden, was man sich sonst
vielleicht nicht traut. Das Spielen und Ausprobieren
unterschiedlicher Rollen und Strategien eröffnet dabei auch
fürs "wirkliche Leben" Wahlmöglichkeiten: im geschützten Raum
kann geübt werden, Angst zu überwinden, selbstbewusster
aufzutreten und eigene Stärken einzusetzen.
Ergebnis und Erfolg
mit Spaß und Humor
Dabei setzt nicht nur das gemeinsame Erarbeiten der
Szenen, sondern auch das Proben, Zuschauen, Kritisieren und
Verbessern eine intensive Teamarbeit voraus. Hier kann vieles
gelernt werden, was auch auf dem Arbeitsmarkt nützlich ist:
gemeinsam planen und entwickeln, integrieren, diskutieren,
kritisieren, aber auch Kritik auszuhalten - all das sind
Fähigkeiten, die heute im Erwerbsleben von unmittelbarer
Wichtigkeit sind. Von vorne herein war das Seminar auch
ergebnisorientiert geplant. Neben dem individuellen Lernen und
Erleben wurde am letzten Tag eine Aufführung der Sketche
durchgeführt. Das bedeutete, dass die TeilnehmerInnen
innerhalb eines Tages "bühnenreife" Sketche produzieren und
Mut zu deren Aufführung entwickeln mussten. Das Erarbeiten der
Sketche fand somit nicht nur im geschützten Raum statt,
sondern auch unter Zeit- und Erfolgsdruck - einer realen
Arbeitsmarktbedingung. Die gelungene Aufführung der Stücke
bedeutete für die Erwerbslosen ein Erfolgserlebnis jenseits
des privaten Raumes - etwas was Menschen, die nicht im
Erwerbsleben stehen, in der Regel nur selten erleben. Bei
aller Aufregung hat dies letztendlich auch großen Spaß
gemacht. Bei jedem der entstandenen Sketche war schließlich
neben den ernsten, tragischen Inhalten auch etwas zum Lachen
dabei - Humor und Hoffnung, die in einer meist schwierigen
Lebensphase wie der Arbeitslosigkeit unerlässlich sind, um
neue Ideen und berufliche Perspektiven zu entwickeln.
Die
Veranstaltung fand statt in Zusammenarbeit mit dem Zentrum
Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche
in Hessen und Nassau und dem Amt
für kirchliche Dienste der evangelischen Kirche in
Kurhessen-Waldeck sowie dem Sprecher/innengremium hessischer
Erwerbsloseninitiativen.
Weitere
Informationen zum Thema Erwerbslosigkeit
Auf
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Arbeitslosigkeit
(Themeninfo)
Projekt: Mit Kreativität und
Eigeninitiative zum Wiedereinstieg in das Berufsleben -
Leitfaden für Kulturprojekte
Projekt:
Erwerbslosen-Theater
Projekt: Hörspiel Soziale
Gerechtigkeit und Hartz IV
Projekt: Gips-Workshop zu
beruflichen Wünschen und Perspektiven
Projekt: Arbeitslosigkeit als Spiel
Projekt: Puppenbau und
Puppentheaterspiel
Projekt: Ein Denkmal für Tile Kolup -
Fliesen-Mosaik-Projekt
Projekt: Anders leben - anders
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