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Martina Bodenmüller

Diplom-Pädagogin
Gestaltungs-Sozialtherapeutin
wissenschaftliche Autorin

 

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Letzte Aktualisierung:
Mai 2018


Anders leben - anders arbeiten

Erwerbslose gestalten Alternativen und Visionen im Umgang mit Erwerbslosigkeit


CollageSeit 1997 veranstalten das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und das Referat Wirtschaft - Arbeit - Soziales der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck ein mal im Jahr ein mehrtägiges Kulturseminar für Erwerbslose. Im Jahr 2006 fand die Veranstaltung vom 17. bis 20. Juli in Bad Hersfeld statt. Im Mittelpunkt stand wie jedes Mal die kreative und inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Erwerbslosigkeit.
 
Die Umsetzung der Arbeitsmarktreformen rund um Hartz IV sind für Erwerbslose nicht folgenlos geblieben. So hat die Umstellung von Arbeitslosenhilfe auf ALG II für viele Betroffene zu großen finanziellen Einbußen geführt oder auch dazu, dass unverheiratete Paare sich gegenseitig mitversorgen müssen. Gleichzeitig wurden viele für ein halbes Jahr in Arbeitsgelegenheiten vermittelt, haben oft aber aufgrund der Arbeitsmarktlage anschließend wieder keine feste Anstellung bekommen.
 
Hartz IV hat nur den wenigsten den ersehnten Arbeitsplatz gebracht, stattdessen den meisten Warteschleifen, Bewerbungsauflagen und verschiedene andere Maßnahmen. Im Seminar setzten sich Erwerbslose damit auseinander, wie sich Arbeit und Leben unter den Bedingungen von Hartz IV verändert haben und wie Betroffene diese aktuelle Situation bewältigen können.

Auf der Suche nach Perspektiven
Jenseits von Hartz IV haben sich ganz unterschiedliche Formen des Lebens und Arbeitens entwickelt, die auch vielen Erwerbslosen eine Perspektive eröffnen können. Bei dem Seminar ging es darum, Strategien herauszuarbeiten, eigenes Leben und Arbeiten positiv zu gestalten, auch wenn der ersehnte Arbeitsplatz vorerst verwehrt bleibt. Welche Möglichkeiten gibt es, sich mit reduziertem Budget dennoch eine gewisse Lebensqualität und gesellschaftliche Beteiligung zu erhalten? Wie kann die geleistete, unbezahlte Arbeit in Familie oder das ehrenamtliche Engagement einen höheren Stellenwert erfahren? Welche Ideen gibt es, sich netzwerkartig zusammenzuschließen und gegenseitig zu unterstützen?

Gestelltes Fotos für PlakatDabei wurden bestehende praktische Beispiele und Ideen gesichtet und diskutiert: das Konzept des Tauschhandels, ein "Umsonst-Laden" in Gießen, das Leben in einer Kommune wie zum Beispiel im hessischen Niederkaufungen oder auch die Gründung von Genossenschaften. Nun galt es, angeregt durch diese Beispiele eigene Ideen, Visionen und Umsetzungsstrategien zu ersinnen, zu entwickeln und kreativ umzusetzen. Dabei bietet die kreative Bearbeitung eines Themas weit flexiblere Möglichkeiten als die Diskussion am "runden Tisch". Innere Bilder, Gefühle, Befindlichkeiten können ihren Platz finden und ausgedrückt werden.

Zunächst konnten alle Teilnehmer/innen persönliche "Verwandlungsbilder" erstellen. Jede/r suchte sich ein Foto zur persönlichen Lebenssituation aus einem Bilderteppich aus und gestaltete es nach eigenen Wünschen um. Mit Schere, Stiften und Collagenmaterial konnten die Teilnehmer/innen eigene Visionen auf Papier gestalten und ihnen ein erstes Gesicht geben. In Gruppenarbeit ging es dann an konkretere Ausgestaltung. Welche Bilder und Szenen verbinde ich mit meiner Vision? Was könnten erste Schritte sein? Oder was steht mir im Weg? Drei verschiedene Arbeitsgruppen wurden zur kreativen Umsetzung angeboten.

Foto-Arbeiten
Eine Arbeitsgruppe nahm die Fotografie als Medium zur Beschäftigung mit dem Thema. Hierfür standen den Teilnehmer/innen Digitalkameras zur Verfügung. Am Anfangs stand eine kurze Einführung ins Thema, danach wurden drei Kleingruppen gebildet, die ein kurzes Umsetzungskonzept machten. Zu unterschiedlichen Aspekten wurden nun Foto-Szenen nachgestellt oder gezielt Motive gesucht. Diese wurden am Computer weiterbearbeitet und als Plakate gestaltet. Dabei hatten die Teilnehmer/innen Gelegenheit, ein Bildbearbeitungs- und Präsentationsprogramm kennenzulernen bzw.ihre Kenntnisse einzusetzen und zu vertiefen. Hierfür wurde ausschließlich freie Software (GIMP und OpenOffice) verwendet.

Szene aus Talkshow-SketchIn Szene gesetzt
Eine weitere Arbeitsgruppe erarbeitet in drei Kleingruppen drei verschiedene Sketche zum Thema. Hier ging es in einer Talkshow um die Vision angemessener Bezahlung, in einer Familie um die Gründung einer selbstständigen Existenz und in einer Landkommune um das Aufbrechen festgefahrener Strukturen. Die Methode des szenischen Spiels eröffnet dabei den Teilnehmer/innen die Möglichkeit, eine bekannte Rolle auszugestalten oder in eine neue Rolle zu schlüpfen. Im Schutz der Rolle kann das erprobt werden, was man sich sonst vielleicht nicht traut. Das Spielen und Ausprobieren unterschiedlicher Strategien eröffnet dabei auch fürs "wirkliche Leben" Wahlmöglichkeiten: im geschützten Raum kann geübt werden, Angst zu überwinden, selbstbewusster aufzutreten und eigene Stärken einzusetzen.

Veränderungs-Ausschnitte
Mit dem Medium Collage beschäftigte sich die dritte Arbeitsgruppe. Ausgangspunkt waren hier die eigenen Visionen, Ideen zur Veränderung und deren Diskussion in der Grup- pe. Zusätzlich wurde zur Recherche das Internet benutzt, wodurch die Teilnehmer/innen einen Einblick in Internetsuche gewinnen bzw. bestehende Kenntnisse einsetzen konnten. Aus einer Kombination aus Bild, Text und weiteren Gestaltungselementen entstanden vielfältige Collagen, die zum Weiterdenken anregen.

Der Schritt nach draußen
Mit einer Präsentation am letzten Seminartag wurde die Ausstellung samt der eingeübten Theaterstücke erstmals einer ausgewählten Öffentlichkeit gezeigt. Diese Veranstaltung bildet den Auftakt zu weiteren Präsentationen. Weitere Ausstellungen an verschiedenen Orten in Hessen wurden durchgeführt, so zum Beispiel von Oktober bis Dezember 2006 in der Luthergemeinde Frankfurt / Main.

Die Veranstaltung wurde angeleitet von Holger Wilmesmeier und mir und in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und dem Referat Wirtschaft - Arbeit - Soziales der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck der evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck durchgeführt.


Weitere Informationen:

Informationsflyer zum Download (pdf-Datei, 1,8 MB)

Bildergalerie: Die Foto-Plakate - auch als pdf zum Downloaden und Ausdrucken

Weitere Informationen zum Thema Erwerbslosigkeit

Auf dieser Seite:
Arbeitslosigkeit (Themeninfo)
Projekt: Mit Kreativität und Eigeninitiative zum Wiedereinstieg in das Berufsleben - Leitfaden für Kulturprojekte
Projekt: Skulpturen für Gießen
Projekt: Arbeitslosigkeit als Spiel
Projekt: Theater und Maskenbau mit Erwerbslosen zum Thema Vorurteile
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Projekt: Hörspiel Soziale Gerechtigkeit und Hartz IV
Projekt: Ein Denkmal für Tile Kolup - Fliesen-Mosaik-Projekt
Projekt: Erwerbslosen-Theater
Projekt: Puppenbau und Puppentheaterspiel
Projekt: Licht- und Schattenseiten der Arbeit - Postkartengestaltung

Auf anderen Seiten:
Förderverein gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V.: http://www.erwerbslos.de
Anti-Hartz-Bündnis: http://www.anti-hartz.de/
Sozialhilfeberatung Tacheles: http://www.tacheles-sozialhilfe.de/
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