Streetwork
in der Jugendhilfe
Mit
Streetwork können Jugendliche und Jugendszenen, die sich vorher
allen sozialpädagogischen Bemühungen entzogen haben wieder
ereicht werden. Seien es sogenannte Straßenkinder, Punks, Raver,
wohnungslose Jugendliche und junge Erwachsene oder Cliquen im Stadtteil.
Dies verdeutlichen viele Praxisberichte unterschiedlicher Einrichtungen
mit ihren hohen Fall- und BesucherInnenzahlen (detaillierte Infos siehe
unten). Im Mittelpunkt von Streetwork steht dabei die aufsuchende Arbeit
in der Lebenswelt der Jugendlichen. Dies beinhaltet nicht nur die Kontaktaufnahme
mit Jugendlichen im Bahnhofsbereich und in der Innenstadt, sondern auch
das Miterleben und Kennenlernen dieses sozialen Raumes. Die Streetworker/innen
begeben sich dabei als Gast in die Szene und akzeptieren die dort geltenden
Grenzen und Regeln.Einige Arbeitsgrundsätze von Streetwork sind:
Vertrauensvolle
Beziehungen aufbauen
Ziel von
Streetwork ist es, den Jugendlichen dauerhafte, verlässliche Beziehungsangebote
zu machen, die sie - auch in Krisensituationen - annehmen können.
Der Aufbau vertrauensvoller Beziehungen ist im Grunde das Kernstück
der Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Grundvoraussetzungen
hierfür sind selbstver-ständlich Akzeptanz, Freiwilligkeit
und Verschwiegenheit. Dies schließt eine Zuführung von Jugendlichen
(z.B. durch Polizei, Gerichtsauflagen) sowie eine personenbezogene Aktenführung
aus.
Akzeptanz
und Parteilichkeit
Eine akzeptierende
Grundhaltung gegenüber der Zielgruppe ist die Basis, auf der sich
ein Vertrauensverhältnis bilden kann. Akzeptanz und Parteilichkeit
bedeutet, Lebensstile und Sichtweisen zu akzeptieren, keinen Veränderungsanspruch
zu stellen und sich für die Belange der Jugendlichen einzusetzen.
Dabei geht es hier nicht um eine gleichgültige, abwartende Haltung
gegenüber den Jugendlichen. Angemessen sind Empathie und Wertschätzung.
Denn nur in einem Klima, wo ausgegrenzte Jugendliche anfangen können,
sich akzeptiert, angenommen und "zu Hause" zu fühlen,
können sie auch beginnen, Verhaltensweisen zu überprüfen,
gegebenenfalls zu revidieren und neue Wege auszuprobieren.
Stabilisierung
in der Lebenswelt
Unverzichtbar
ist dabei, den Jugendlichen die Zeit zu lassen, die sie brauchen. Streetwork
drängt nicht, sie macht Angebote, zieht sich aber auch gegebenenfalls
wieder zurück. Ziel von Streetwork ist nicht das Herausholen von
Jugendlichen aus einer vermeintlich gefährdenden Lebenswelt, sondern
Stabilisierung und Beziehungsaufbau und die Erschließung von Ressourcen.
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die mit der Streetwork in Kontakt
kommen, haben alle bereits auf unterschiedliche Art und Weise versucht,
ihre schwierige Lebenssituation zu bewältigen. Dabei haben sie
verschiedene Überlebensstrategien entwickelt, die als wirkliche
Kompetenzen angesehen werden können, teilweise aber auch für
ihr Weiterleben eher hinderlich oder gefährlich erscheinen.
Wahlmöglichkeiten
und Ressourcen erschließen
Ziel von
Streetwork ist es, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein breiteres
Handlungsspektrum an Bewältigungsmöglichkeiten zu eröffnen
und damit ihre individuellen Kompetenzen zur Lebensbewältigung
zu erweitern. Dazu gehört das Erschließen von personellen,
sozialen und finanziellen Ressourcen. Streetwork orientiert sich dabei
an den aktuellen Bedürfnissen und Hilfewünschen und stellt
keine Vorbedingungen. Im Mittelpunkt steht der jeweilige Jugendliche
als ganzer Mensch mit seiner individuellen Geschichte und seinen persönlichen
Bedürfnissen und Zukunftsplänen. Ziele sind die Stärkung
von Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung der Jugendlichen, sowie die
Förderung ihrer Entwicklung hin zu einer "eigenverantwortlichen
und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit" (KJHG §1).
Ansetzen
an den Grundbedürfnissen - ganzheitliche Hilfe bieten
Die Angebote
der Streetwork sind niedrigschwellig , d.h. sie setzen an elementaren
Grundbedürfnissen an und bedürfen keinerlei Voraussetzungen
des Zugangs. Sie tragen dazu bei, die Lebenssituation der Jugendlichen
zu verbessern und eine existentielle Grundversorgung zu sichern. Sie
dienen zunächst der Überlebenshilfe, der Stabilisierung in
Krisen- und Notsituationen. Wieviel und welche Hilfe die Jugendlichen
annehmen wollen, entscheiden sie selbst. Die angebotene Hilfe hat stets
ganzheitlichen Charakter: die Jugendlichen können mit der Gesamtheit
ihrer Problemlagen kommen und Gehör finden; Streetworkerinnen und
Streetworker sind nicht nur für einzelne Problembereiche zuständig.
Dabei werden Unterstützungsmöglichkeiten geboten, die den
Jugendlichen ermöglichen, den nächsten Schritt Veränderung
ihrer Lebenssituation selbst in Angriff zu nehmen. Hilfe zur Selbsthilfe
und Förderung von Eigenverantwortung stehen im Vordergrund. Streetwork
wendet den Blick ab von den Schwächen der Jugendlichen - die so
oft im Mittelpunkt stehen - und setzt sich zum Ziel, an den bestehenden
Stärken der Jugendlichen (z.B. Kreativität, Selbständigkeit)
anzusetzen und diese zu fördern.
Positive
Gruppenstrukturen stärken
Dabei werden
die Jugendliche weder als Problemverursacher noch als hilflose Opfer
gesehen, sondern als handelnde Subjekte, die für ihre Verhaltensweisen
einen Grund haben. Sie werden als grundsätzlich kompetent betrachtet,
was ihr Leben, ihre Aussagen und ihr Umfeld betrifft. Streetwork versucht
daher nicht, Szenen und Treffpunkte aufzulösen oder einzelne Jugendliche
aus gefährdenden Milieus "herauszuholen". Ziel ist vielmehr,
den Einzelnen in seinem Lebensumfeld zu stabilisieren, und dazu gehört
auch das Einbeziehen seiner sozialen Bezüge und der dort potentiell
verfügbaren Ressourcen. Dabei sollen positive Gruppenstrukturen
gestärkt und die dort vorhandenen Kompetenzen und Handlungspotentiale
mobilisiert werden.
Benachteiligungen
abbauen - gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen
Wohnungslose
Jugendliche und junge Erwachsene sind vielfach von gesellschaftlicher
Teilhabe ausgeschlossen und von Benachteiligungen betroffen. Ziel von
Streetwork ist es daher, Benachteiligungen abzubauen und gleichzeitig
Lebensräume zu erhalten bzw. zu eröffnen. Streetwork setzt
sich gemäß einer "Anwaltschaft" bzw. Szeneinteressensvertretung
mit den Jugendlichen zusammen für ihre Bedürfnisse ein. Ziel
ist weiterhin, repressive ordnungspolitische Zugriffe (die z.B. eine
direkte Benachteiligung darstellen) zu reduzieren und die soziale Integration
zu fördern. Damit einher geht das Aufdecken, Benennen und Abbauen
von Stigmatisierung und Diskriminierung der Zielgruppe. Dies geschieht
mit Hilfe von Öffentlichkeitsarbeit, Projekten und Gemeinwesenarbeit.
Um auf politischer Ebene gezielt Strukturen und Rahmenbedingungen zu
verändern, bedarf es einer sozialen Infrastruktur, die der Benachteiligung
entgegenwirkt, Chancengleichheit ermöglicht und den Bereich präventiver
Maßnahmen miteinschließt. Streetwork arbeitet insbesondere
in Gremien, Arbeitskreisen und Öffentlichkeit mit darauf hin, gesellschaftliche
Verbesserungen für ausgegrenzte Jugendliche zu erzielen.
Weitere
Informationen zu Streetwork und wohnungslosen Jugendlichen finden Sie:
Auf
dieser Seite:
Buch: Streetwork und Überlebenshilfen
Buch:
Auf der Straße leben - Mädchen
und junge Frauen ohne Wohnung
Wohnungslose
Jugendliche und junge Erwachsene
(Themeninfo)
meine weiteren Veröffentlichungen zum
Thema
Auf
anderen Seiten:
Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork / Mobile Jugendarbeit: http://www.bundesarbeitsgemeinschaft-streetwork-mobile-jugendarbeit.de/
Landesarbeitsgemeinschaften Streetwork / Mobile Jugendarbeit:
Nordrhein-Westfalen: http://www.streetmob-nrw.de/
Baden-Württemberg: http://www.lag-mobil.de/
Bayern:http://www.streetwork-bayern.de/
Streetwork der Stadt Münster: Jahresberichte zum Download: http://www.muenster.de/stadt/jugendamt/jahresberichte.html
Treberhilfe Dresden: http://www.treberhilfe-dresden.de
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